Wann
Freitag - 18.09.2020
19:00 - 22:00
Wo
Bootshaus der Naturfreunde München
Zentralländstraße 16 (Thalkirchen)
München
Reflexionen zur Pandemie und dem größten Glücksversprechen unserer Zeit, dass, wenn wir alle geduldig, fleissig und die Betreffenden auch opferbereit sind, Deutschland gestärkt aus dem Ungemach hervorgehe.
Ein Vortrag von Thomas Ebermann.
Das inszenierte große Wir – gegen alle Realitäten einer Klassengesellschaft – barg das Versprechen, dass nach einer Phase notwendiger Entsagung die Rückkehr zur Freiheit der Normalität garantiert sei, Deutschland gestärkt aus dieser Prüfung hervorgehen werde.
Dieses Versprechen fand breiteste Zustimmung. Der die Normalität verachtende Gesellschaftskritiker stand im Abseits. In den armen Regionen der Welt, wo das soziale Elend der Slums weder Abstandsgebote und erst recht nicht Home-Office denkbar macht – und die Staatskassen nur drakonische Repression erlauben, werden die Toten weder untersucht noch gezählt, sondern verscharrt.
Das Versprechen der Herrschaft, Deutschland werde „gestärkt“ aus der Krise hervorgehen, ist durchaus chancenreich. Die Ressourcen der staatlichen Stützungsmaßnahmen haben fast das Volumen der restlichen EU. Da lässt sich manch Vorteil in der Konkurrenzschlacht finanzieren.
In gewisser Weise hat der Wind, die ideologische Botschaft an die Untertanen, aktuell gedreht: Mit all den „Lockerungen“ (von großer symbolischer Bedeutung war die Wiedereröffnung der Baumärkte, damit wenigstens kein Mann mehr Angst vor Muße haben musste), den Reisemöglichkeiten und geöffneten Kneipen und Restaurants, einher geht eine Propaganda der Akzeptanz des Preis des Wohlstands.
Noch etwas verdruckst, aber unübersehbar machen Eugenik und Sozialdarwinismus ihren Weg ins Legitime. Hier liegt die Schnittstelle von Liberalismus und dem Faschistoiden, die Linke, als Verfechter des Lebens und des guten Lebens, reflektieren müssen.
Der Referent ist Gegner des herrschenden Modells der entsagungsreichen Plackerei und ihrer scheinbaren Entschädigung durch konsumtive Möglichkeiten. Das bedeutet, Kritik der Bedürfnisse als Kritik der kapitalistischen Produktionsweise.
Was vielleicht als Abschweifung anmutet, ist seines Erachtens zentral, auch um in „Zeiten von Corona“ einen Begriff zu gewinnen, was Zartheit, legitime Angst und Solidarität gerade mit den Schwachen bedeutet – als Gegensatz zu übergriffigen Vergnügungen und Rädern, die nie stillstehen dürfen.
Die Ignoranten sind auf dem Vormarsch, die sich unverwundbar Dünkenden, die mit der NO RISK NO FUN-Mentalität, die Arbeitswütigen. Der Staat, der diese Gesinnung braucht, weil keiner „zweiten Welle“ mit den Restriktionen des Frühjahrs begegnet werden kann, mahnt, tadelt bei Übertreibungen und verhängt Bußgeld, wo es zu toll getrieben wird, womöglich mit Randale.
Der erneut abseitsstehende Systemkritiker, der es ganz schön substanzlos und also langweilig findet, wenn es zwischen Ethik-Kommissaren und Linksliberalen hin und her wogt, zwischen Freiheit und Sicherheit, zwischen Verhältnismäßigkeit und Stunde der Exekutive statt Parlaments-Kompetenz – weil er ein Kritiker von Politik und Verfechter der Erkenntnis ist, nach der die bürgerliche Demokratie eine Organisationsform der Unfreiheit ist.
Er kann, das ist eine theoretische Position, beim besten Willen nicht auf dem Grundgesetz stehen. Die Gesellschaftskritik weigert sich deshalb, die pathogene Meinung säuberlich von der normalen zu scheiden. Manchmal fragt sie sich sogar – Herbert Marcuse folgend – ob die (instrumentelle) herrschende Vernunft nicht gefährlicher sei als das Irrationale.
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Die Veranstaltung findet auf einer großen Wiese neben dem Naturfreunde-Biergarten in Thalkirchen statt. Diese Wiese gehört zum Vereinsgelände des Naturfreunde e.V. und ist somit kein öffentlicher Raum. Es gibt keine Engstellen, niemand muss durch geschlossenen Raum, um zur Veranstaltung zu gelangen. Stühle und Bänke werden mit ausreichendem Abstand gruppiert, der Getränkeverkauf erfolgt kontaktlos. Die Toiletten werden gelüftet und desinfiziert.
Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes außerhalb des Sitzplatzes ist Voraussetzung zur Teilnahme und nicht verhandelbar. Es achtet ein Team von Leuten darauf, dass sich im Verlauf des Abends alle größtmöglich sicher bewegen können.
Bei schlechten (nassen) Wetterprognosen für den geplanten Abend findet die Veranstaltung am 17.09. oder 19.09. statt (in dieser Reihenfolge). Keinesfalls wird die Veranstaltung im geschlossenen Raum stattfinden. Wenn ihr Fragen dazu habt, dann schreibt diese bitte hier.
Eine Veranstaltung in Kooperation mit Naturfreunde Deutschlands – Bezirk München e.V.
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