Wann
Freitag - 17.06.2016
8:00 - 12:00
Wo
Oberlandesgericht München
Nymphenburgerstraße 16
München
Am 17. Juni beginnt in München das größte Verfahren nach Paragraph 129 b der letzten Jahrzehnte in Deutschland. Es richtet sich gegen zehn Aktivistinnen und Aktivisten der fortschrittlichen Migrantenorganisation ATIK, die seit mehr als zehn Monaten im Gefängnis sitzen. Die ATIK mobilisiert breit zu Kundgebungen und Protesten bei Prozessbeginn.
Am 15. April 2015 wurden in der BRD 7 Mitglieder des migrantischen Vereins „ATIK“* (Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa) verhaftet. Weitere 3 wurden in den folgenden Tagen in der Schweiz, Frankreich und in Griechenland verhaftet und in Auslieferungshaft gesperrt. Alle sind bereit in die BRD ausgeliefert worden.
Den Gefangenen wird mit Hilfe der §§129 vorgeworfen Mitglider der TKP/ML (Kommunistische Partei der Türkei/Marxistisch-Leninistisch) zu sein. Konkret wird ihnen vorgeworfen, dass sie Gelder gesammelt, die Aktivitäten der Organisation in der Türkei unterstützt und in Deutschland KämpferInnen für Rojava, einer selbstverwalteten Region in Kurdistan, ausgebildet zu haben.
Die Verhaftungen reihen sich in eine Vielzahl von §129b Prozessen gegen die türkische/kurdische Linke ein, die seit der Einführung 2002 und dem ersten Prozess mit Hilfe des §129b gegen eine linke Organisation 2008 zunehmend angewendet werden. Bislang richtete sich die Repression vor allem gegen angebliche Mitglieder der DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) oder der PKK (Arbeiterpartei Kurdistan). Mehr als 20 AktivistInnen wurden mit diesen Vorwürfen zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt. Mit den Verhaftungen im April 2015 ist nun auch die TKP/ML ins Fadenkreuz der Repression geraten, die bislang in der BRD weder verboten war noch auf den sogenannten Anti-Terror-Listen aufgeführt waren.
Die Haftbedingungen der Gefangenen
Die Gefangenen sind Isolationsbedingungen ausgesetzt. Das bedeutet, dass sie 23 Stunden in der Zelle eingesperrt sind und der Umgang mit anderen Gefangenen nicht oder nur beschränkt erlaubt wird. Teilweise werden den Gefangenen auch Zeitschriften und Bücher vorbehalten oder nicht ausgehändigt, meist mit der Behauptung, dass dies verboten sei.
Einige der Gefangenen, die sich teilweise im Rentenalter befinden, haben auch gesundheitliche Probleme, die durch die schlechte medizinische Versorgung im Knast oder durch die Isolation verursacht wurden oder durch die jahrelange Haft, die sie teilweise in der Türkei bereits hinter sich bringen mussten. Zum Beispiel war Müslüm Elma in der Türkei bereits 22 Jahre seines Lebens hinter Gittern.
Internationaler Kontext
Der jetzige Angriff auf ATIK steht im direkten Kontext der Zusammenarbeit der BRD mit dem türkischen AKP Regime, das jegliche linke Opposition zu unterdrücken versucht. Die Zusammenarbeit der BRD und der Türkei wird sich durch die sogenannte Flüchtlingskrise noch weiter verstärken.
Daher muss die Kriminalisierung türkischer und kurdischer Strukturen in der BRD auch vor dem Hintergrund der Situation in der Türkei betrachtet werden. Denn in der Türkei wird ein Krieg gegen die kurdische Bevölkerung und gegen die revolutionäre Linke geführt.
* ATIK ist eine Arbeiterorganisation von MigrantInnen, die nach der Zuwanderung von türkischen ArbeiterInnen entstand. Sie ist eine antiimperialistische, antifaschistische und antimilitaristische Organisation von türkischen GastarbeiterInnen im Kampf um Demokratie und Freiheit.
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