Wann
Mittwoch - 30.04.2014
20:00 - 23:30
Wo
Glockenbachwerkstatt
Blumenstraße 7
München
Gewaltvoll unterdrückte politischen Unruhen in der Türkei und die tragische Entwicklung des syrischen Bürgerkriegs wurden in den westlich-europäischen Medien wahrgenommen und werfen Licht auf die schwierige ethnische wie identitätspolitische Lage, die im nahen Osten ständig neue Pulverfässer entzündet. Diese neue Aufmerksamkeit lässt jedoch auch leicht übersehen, dass nicht erst seit den jüngsten Protesten auf dem Istanbuler Taskim-Platz es in der Türkei und auf den angrenzenden Staatsterretorien Protestbewegungen gibt, denen nicht minder Aufmerksamkeit zugesprochen werden sollte. Innerhalb des nunmehr seit Jahrzehnten schwelenden Konflikts zwischen der türkischen Regierung und der kurdischen Freiheitsbewegung entwickelte sich dort eine aufstrebende Protestbewegung, die sich u.a. für die Rechte und die Wahrnehmung von Lebensweisen von LGBT-Menschen einsetzt. Diese kurdische LGBT-Aktivist*innen finden sich in einer vielleicht ganz besonderen Situation wieder: Sie sind eine Minderheit innerhalb der Minderheit und führen einen doppelten Kampf gegen sexuelle und ethnische Diskriminierung in zwei Gesellschaften gleichzeitig. Trotz der widrigen und teils kriegsähnlichen Umstände in denen diese Gruppierungen arbeiten, zeigen sich auf den ersten Blick erstaunliche Entwicklungen: Innerhalb der patriachal strukturierten kurdischen Gesellschaft entwickelte sich eine besonders starke und einflussreiche kurdische Frauenbewegung, die nicht nur für die Überwindung der hier immer noch besonders starken Unterdrückung der Frauen ihre Stimme erhebt, sondern auch die allgemeine kurdische Selbstbestimmung in den Mittelpunkt ihrer Protestbewegung stellt. Kämpfe um Freiheit und Anerkennung der eigenen selbstbestimmten sexuellen Lebensweise gehen hier einher mit Fragen der Identität. (Wie) Können Menschen “kurdisch” sein und gleichzeitig “queer”, “inter-” , “transsexuell”, “lebisch” oder “schwul”? Sind LGBT-Identitäten überhaupt mit ethnischen Identitäten vereinbar, entzünden sie Konflikte oder eröffnen sie nicht gerade Möglichkeiten für die Etablierung neuer Identitätskonzepte, die sich nicht an strengen, patriachalen Mustern orientieren und auch vielen Klischees und Vorurteilen über kurdisch-türkische Gesellschaft zuvorkommen?
Der Gender-Salon läd am kommenden Mittwoch, den 30.4.2014 dazu den Studenten und Queer-Aktivisten Mücahit Yildiz ein, der anhand vieler eigener Erfahrungen und Gesprächen die besondere Situation der LGBT-Protestbewegung im sog. Kurdistan, dem nicht völkerrechtlich anerkannten, transnationalen Gebiet der Kurdischen Gesellschaft, illustrieren wird und für Fragen und Diskussion bereitsteht. Mücahit absolviert derzeit in Wien ein Auslandsstudium, ist in der Türkei und in Kurdistan in LGBTIQ-Bewegungen aktiv und pflegt sehr guten Kontakt zu den ansässigen kurdischen LGBTIQ-Gruppen.
Die Veranstaltungsreihe Gender Salon macht es sich in der nunmehr fünften Auflage zur Aufgabe, Gender zwischen (Pop)Kultur, Wissenschaft und Politik zu präsentieren. Diskutieren Sie mit uns über Coming-Of-Age der 80er Jahre, Peinliche Celebrities, Abtreibungspolitiken, Protestformen und viele weitere (Un)Möglichkeiten.
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