Antifa-Café: Sonderwirtschaftszone JVA

Wann
Donnerstag - 04.02.2016
20:00 Uhr

Wo
Kafe Marat
Thalkirchnerstraße 102
München

Details

Knast als gewerkschaftsfreie Zone? Diese Zeiten sind vorbei!

Die seit dem Mai 2014 existierende Gefangenen-Gewerkschaft/Bundesweite Organisation
(GG/BO) hat die soziale Frage hinter Gittern aufgeworfen: kein Mindestlohn, keine
Rentenversicherung, keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, kein
Kündigungsschutz für inhaftierte Beschäftigte – und ein minimales Taschengeld
für aktuell beschäftigungslose Gefangene.
Diese vor-wilhelminischen Beschäftigungsverhältnisse, die in bundesdeutschen
Haftanstalten überwiegend unter dem Diktat des Arbeitszwangs stattfinden, bilden ein
speziellen Segment des Niedriglohnsektors. Diese entgarantierte Billilöhnerei hinter
Gittern, Inhaftierte verdienen durchschnittlich € 1,50 pro Arbeitsstunde, ist zu
skandalisieren, denn es ist aus Gewerkschaftssicht völlig unerheblich, ob prekäre
Arbeitssituationen vor oder hinter den Knastmauern bestehen – sie gehören
abgeschafft.
Diese „Sonderwirtschaftszone Knast“ nutzen faktisch alle Landesbehörden und diverse
externe Unternehmen, um die menschliche Arbeitskraft in den JVA-Betriebe
sozialabgabenfrei abzuschöpfen. Die Knastarbeit wurde in den vergangenen
Jahrzehnten mehr und mehr betriebswirtschaftlich als verlängerte Werkbank
konzeptioniert. Es wird offen damit geworben, dass über die Knastarbeit Ressourcen
und Kosten eingespart sowie Auftragsspitzen schnell und zügig abgearbeitet werden
können. Firmen von außerhalb stünde zudem ein hochmotiviertes, knapp oberhalb der
Gratismarke arbeitendes Arbeitskräftepotential jederzeit zur Verfügung usw. usf.
Mit der Gründung der GG/BO konnte die sprichwörtlich unter Verschluss gehaltene
Arbeitswelt hinter Gittern in das Licht der interessierten Öffentlichkeit gezogen
werden. Die Bedingungen der Knastarbeit sind hierzulande zu einem virulente Thema
geworden – und die Zeiten, in denen Haftanstalten seitens der Gefangenen eine
gewerkschaftsfreie Zone waren, sind vorbei – immerhin.

Auf der Veranstaltung werden GG/BO-Kollegen aus Berlin über die Entstehung und
Entwicklung der basisnahen Gewerkschaftsinitiative, die authentisch aus dem Knast
heraus erfolgte, berichten. Des Weiteren sollen die Probleme diskutiert werden, die
mit dem rasanten GG/BO-Wachstum zusammenfallen, denn oft steht die GG/BO aufgrund
personeller und organisatorischer Engpässe am Rande des Kollaps.
Die GG/BO wird im begonnenen neuen Jahr mehr denn je darauf angewiesen sein, dass
weitere Unterstützer_innenkreise von Aktivist_innen aus (Basis-)Gewerkschaften,
Menschenrechtsorganisationen, Anwält_innenvereinigungen und nicht zuletzt
politischen Zusammenhängen entstehen, damit die GG/BO ihre beiden Standbeine drinnen
und draußen stärken kann…

Offen ab 20 Uhr / Vortrag: 21 Uhr

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