Esoterik & Antisemitismus

Wann
Donnerstag - 15.03.2018
19:00 - 22:00

Wo
Gewerkschaftshaus München (DGB-Haus)
Schwanthalerstr. 64
München

Details

Esoterik und Antisemitismus sind wandelbare und in sich paradoxe Phänomene. Gemeinsam ist ihnen, dass sie in guter Gesellschaft als anstößig und abergläubisch gelten, während sie zugleich in genau dieser Gesellschaft zutiefst verankert sind. Esoterische Sinnsuche wie antisemitische Feindbestimmung mögen als archaisch und irrational erscheinen, es handelt sich aber um zutiefst moderne Phänomene. Sie müssen historisch, sozialpsychologisch und philosophisch auf ihre Eigenlogik hin untersucht werden, statt sie als bloßes Vorurteil – als Mangel an Information – abzutun.

Der Vortrag soll an ausgewählten Beispielen untersuchen, wie sich die esoterische Vorstellung von „höherem Wissen“ und die antisemitische Projektion zur Kippfigur zusammenfügen lassen: Bei vielen einschlägigen Autorinnen und Autoren stößt man auf ein jüdisch codiertes „egoistisches“ oder „materialistisches“ „Prinzip“, das „überwunden“ werden müsse, bevor die spirituelle Harmonie des Alls wiedererlangt werden könne. Besonders seit dem Ersten Weltkrieg finden Esoterik und Antisemitismus im verschwörungsideologischen Gerücht über finstere Mächte und Logen zusammen, die die Weltpolitik manipulieren.

Auch der „Reichsbürger“ unserer Tage erlebt die politisch-ökonomische Gegenwart („BRD-GmbH“) als Besetzung und Einkreisung in mehr oder minder explizit antisemitischen Sinne. Er versucht sich durch Zauberdokumente individuell immun zu machen: Pässe für Phantasiestaaten, die ihren Träger nicht zufällig gerade als „lebendigen, beseelten Menschen“ (o.ä.) ausweisen. Hier geht die esoterische Suche nach Überwindung des Niedrigen und Äußerlichen zugunsten des „wahren“ Selbst ganz praktisch mit Formen paranoider Politik zusammen. Märchen über die „okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus“ oder die Satanismus-Hysterie achtziger und neunziger Jahre zeigen aber auch, dass Esoterik selbst vielfach zur Projektionsfläche von und zum Vorwand für verschwörungsideologische und antisemitische Gerüchte wird.

Ansgar Martins ist derzeit Doktorand an der Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie der Goethe-Universität in Frankfurt am Main.

15. März 2018 – DGB-Haus München – Raum TU07 – Schwanthalerstraße 64 – Eintritt frei, aber über Spenden freut sich jeder!

Für die Veranstaltung gilt folgender Einlassvorbehalt: „Die Veranstaltenden behalten sich gemäß Art. 10 Abs. 1 BayVersG vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtenden Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zuritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.

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