Rotes Kino: Spur der Steine

Wann
Sonntag - 17.06.2018
18:00 - 20:00

Wo
Haus mit der Roten Fahne
Tulbeckstr. 4f
München

Details

(DDR 1966, 139 min, Regie: Frank Beyer)

Sieben Zimmerleute bewegen sich durch eine Menge, die Verschlüsse ihrer Bierflaschen knallen, eine junge Frau, die den Männern entgegenkommt, wird herumgewirbelt. Viele sind auf dem Weg zur Parteiversammlung. Die Sieben aber, vom Zimmermann Hannes Balla angeführt, die auf der Baustelle nicht sonderlich beliebt sind, haben offensichtlich Besseres vor: sie verspotten die Funktionäre als „Weltverbesserer und Bleistiftanspitzer“, orakeln, dass die DDR keine 20 Jahre bestehen wird, widersetzen sich dem „heiligen“ Plan, der auf der – fiktiven – Baustelle Schkona zu Pannen und Verzögerungen führt. Sie diskutieren über Streik, sind Frauenhelden und Schläger – aber eben auch hervorragende Arbeiter. Und sympathische, eigenwillige Persönlichkeiten. Es besteht, so Frank Beyer, „eines der Hauptmotive dieses Films darin, dass ein solcher anarchistischer Typ, wie es Balla ist, in diese unsere Gesellschaft eingeordnet wird“.

Die Ungeliebten, das sind die SED-Funktionäre, allen voran der Oberbauleiter Trutmann, der die die Großbaustelle – ein Sinnbild für den Aufbau des sozialistischen Staates – leiten soll und dabei offenkundig überfordert ist und große Fehler macht. Der in der Parteileitung sitzende Hermann Jansen schwankt angesichts dieser Fehler zwischen der Loyalität zu Partei und Staat und der Entscheidung, dass von den Plankennziffern, die offensichtlich so nicht erfüllbar sind, abgewichen werden müsste. Er scheitert darüber hinaus auch in seinem ehrlichen Versuch, „Privatem“ und „Gesellschaftlichem“ angemessen zu begegnen.

Gezeigt wird, wie die Konflikte, in die der Zimmermann Balla (der von dem damals in der DDR schon sehr populären Schauspieler Manfred Krug dargestellt wird), die Ingenieurin Kati Klee und der Parteisekretär Werner Horath dadurch auch persönlich geraten, gelöst oder scheingelöst werden und welche Linie innerhalb der Partei sich nach dem in der DDR hochgelobten Roman von Erich Neutsch durchsetzt.

Die fast schon dokumentarische Art und Weise, in der Beyer seinen Film dreht, zeugt von dessen Überzeugung, dass die Verhältnisse innerhalb der DDR zum Besseren gewendet werden können. Er kritisiert aber schonungslos Dummheit, Egoismus, Verantwortungslosigkeit und Inkompetenz, die sich hinter abstrakten Parolen verbergen können. Der Zuschauer muss selbst entscheiden, wie er zu diesen Widersprüchen steht.

Die für die Zulassung dieses Filmes in der DDR entscheidenden Mitglieder der SED aber waren schlussendlich der Ansicht, dass das Vertrauen in die Partei durch diesen Film nicht gestärkt werde.  Sie sorgten nach wenigen, vom Publikum zahlreich besuchten, aber hart umstrittenen Aufführungen für seine Absetzung, obwohl die Urfassung des Films durch alle Instanzen gelaufen, kritisiert und abgeändert schließlich zugelassen worden war. Dieses Verbot ist mit dem Namen Erich Honecker eng verbunden.

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