Kasper an die Macht. Donald Trump und die Selbstzerlegung der herrschenden Klasse.

Wann
Freitag - 15.12.2017
20:00 - 22:00

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Vortrag und Diskussion mit Lars Quadfasel.

Als Donald Trump, einschwebend auf einer Rolltreppe, seine Kandidatur für das Präsidentschaftsamt erklärte, konnten die US-amerikanischen Satiriker ihre Begeisterung kaum verhehlen: Wieviel Spaß man doch mit dem Milliardärsdarsteller und wandelndem Fettnapf haben werde! Inzwischen ist Donald Trump seit gut über einem Jahr das, was viele wohl noch kaum für möglich hielten, als sie bei Spiegel Online lasen, das Donald Trump zum Präsidenten der USA gewählt worden war.

Doch nach wie vor fällt es der Kritik schwer, die Ereignisse, welche mit dem scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg des Celebrity-Demagogen zusammenhängen, zu verstehen. So verbindet die Präsidentschaft Trumps die politische Reaktion mit Klamauk und Polittainment. Trump versprach seinen Wählern nicht das Blaue vom Himmel, sondern doom and gloom für alle. Und dies setzt er auch in der Tat um: den anderen jene Hölle zu bereiten, als die man selbst die Welt empfindet. Ob in der Klima- und Migrationspolitik oder dem staatsoffiziösen Umgang mit Abtreibungen: Trumps Politik bedeutete eine Verschlechterung des Lebens für viele, auch für viele von Trumps eigenen Wählern.

Wenn Trump derart das Erbe der europäischen Gegenaufklärung antritt (und etwa nach Charlotteville ganz im Jargon des Antiextremismus Nazimörder verteidigte), so darf dennoch der Inszenierungscharakter nicht übersehen werden. Wie schon Hegel und Marx bemerkten, ereignet Geschichte sich immer dreimal: einmal als Tragödie, einmal als Farce und einmal als Reality TV. In der neuen, postmodernen Gestalt des altbekannten Demagogen kommt Kulturindustrie zu sich selbst, mit bislang noch unabsehbaren Konsequenzen – von gar keinen bis zur atomaren Selbstauschlöschung.

Diese Konstellation zu analysieren erscheint umso dringlicher, als sie nicht auf die USA beschränkt ist. Fast überall zeigt sich die bürgerliche Demokratie in erbarmunsgwürdigem Zustand: Egal, wo gewählt wird, es triumphieren die losgelassenen Kleinbürger. Die Briten beschließen demokratisch die Senkung des eigenen Lebensstandards; die Franzosen und Österreicher machen ihre nationalen Rechtspopulisten zur je zweitstärksten Partei, und die Philippinen wählen einen sich mit seinen Morden brüstenden Gangster zum Präsidenten; und wer als vernünftiger Mensch anlässlich des türkischen Militärputsches Partei ergreifen wollte, konnte es jedenfalls nicht auf Seiten der gewählten Regierung tun. Nicht zuletzt auch die Bundesrepublik kann sich späterstens seit dem Oktober 2017 diesem Wahltrend entziehen. Es scheint, als wetteiferten Volk und Eliten darum, wer inkompetenter und bösartiger sei; gemeinsam treibt man so die Entwicklung vom ideellen Gesamtkapitalisten zum reellen Gesamtwiderling voran.

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